Astrid Kahl-Schaban
Hoteldirektorin Hotel Gilbert, Wien
“Schon als Kind wusste ich, dass ich einmal Hoteldirektorin werde!”
Ihrem Weg blieb sie mit diesem Bewusstsein immer sehr treu. Zuerst absolvierte sie die fünfjährige Tourismuschule „Modul“ in Wien, studierte danach Jus und begann schon als Studentin als Servicemitarbeiterin bei DO & CO im Haas-Haus zu arbeiten. Dort hielt es sie ganze 17 Jahre. “Es war eine wunderschöne Zeit und wir hatten so viel Spaß miteinander. Dann kaufte DO & CO den Demel und ich wurde gefragt, ob ich die Geschäftsführung übernehmen möchte?“ Ihre Antwort war eine fast zehnjährige Führung des Demels und sie liebte die lustige Mischung aus Konditorei, Tradition, Veranstaltungen und dem Verkauf in einer so großartigen Location.
2010 kam ihre Tochter zur Welt. Astrid fand endlich Zeit zu rekapitulieren, wusste, die Zeit ist reif, etwas Neues zu beginnen. Neben einer Teilzeitstelle in der Eventbranche gründete sie mit Brigitte Achs den Weinclub7 in der Siebensterngasse, dann führte der Weg sie in die Erste Bank Group. Dort übernahm sie die Leitung ihres bisher größten Projekts, der Zusammenführung von sieben Kantinen in eine gemeinsame am neuen Erste Bank Campus am Hauptbahnhof. Zuerst in der Planung und dann auch in der Umsetzung von fünf verschiedenen Restaurants für mehr als 5000 Mitarbeitende. Auch das Restaurant IKI ist dabei herausgekommen, das auch für externe Gäste offen steht. Vier Jahre betreute sie dieses Projekt in einem tollen Umfeld.
Im Anschluss daran wechselte sie zu Bernd Schlacher in die Motto-Gruppe und war dort für alle Restaurants zuständig. Am Anfang war noch die Halle ein Teil davon, danach die Betriebe “Das Motto am Fluss”, “Das Motto Brot” und das “Hotel Motto”. Neben der Führung war sie zusätzlich für die gesamte HR zuständig. “Dort habe ich erstmals viel über die Hotellerie gelernt. Eigentlich absolvierte ich damals das „Modul“ nur, weil ich Hoteldirektorin werden wollte. Schon als kleines Mädchen war das mein großer Traum. Reisen und das Übernachten in fremden Hotels habe ich schon immer geliebt. Während meines Studiums arbeitete ich schon in einem Hotel in Amerika.”
Ein halbes Jahr später suchte dann das Hotel Gilbert eine/n Hoteldirektor:in. Mit fast 50 bin ich jetzt endlich dort, wo ich schon immer sein wollte. Eigentlich bin ich eine Quereinsteigerin, die bei Fanny Holzer-Luschnig, der Hoteldirektorin des Hotels Motto, ganz viel lernen und mitnehmen durfte.
Heute leite ich ein mittelgroßes Innenstadthotel mit 57 Zimmern. Das Hotel Gilbert ist im Familienbesitz, wird privat geführt und eröffnet genau deshalb einen enormen Spielraum für die eigene Entfaltung. Mit dieser Freiheit fanden wir auch Parvin Razavi und heute setzt sie dem Restaurant &flora ihren eigenen Stempel auf. Mit Erfolg. Parvins hauptsächlich veganer und vegetarischer Kochstil macht es zu dem, was es heute ist, ohne jemanden auszuschließen.
Immer in Bewegung
Auf die Frage, was sie bewegt, antwortet Astrid prompt mit “Alles, immer” und lacht dabei. Als Hoteldirektorin treibt sie ihre eigene Nervosität, dass irgendwann kein Gast mehr kommen könnte, an. Daher sucht sie stets nach Verbesserungspotentialen, neuen Konzepten und Ideen. Aber auch Fragen der eigenen Positionierung, gerade in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit, treiben sie an. Zurzeit testen sie neue Konzepte wie das Reinigen mit Wasserdampf, um Putzmittel zukünftig weglassen zu können. Seit kurzem stehen im 17. Bezirk zwei Bienenvölker, die das Hotel mit eigenem Honig versorgen. Das Hotel Gilbert ist ein grünes Hotel und verschreibt sich dem Thema Nachhaltigkeit. Aktuelle Projekte sind das Sammeln von Regenwasser und ein eigenes Regenwurmhotel am Dach, das aussieht wie das Hotel Gilbert. “Wir denken ständig darüber nach, was wir der Umwelt noch Gutes tun können. Aber grundsätzlich muss ich aufpassen, dass ich mich nicht verzettle. Wichtig ist, wie können wir unsere Qualität steigern und dabei innovativ bleiben?”
Weitere Ideen für ihre Gäste sind zum Beispiel gefüllte Picknickkörbe für den Burggarten, Fotokameras, mit denen sie ihre Gäste durch die Stadt schicken oder ein neues, kleines Cateringprojekt, fürs Homecooking. Man spürt, da steckt ganz viel Potenzial dahinter.
Wann schläfst du eigentlich?
„Ich habe super Mitarbeiter:innen, die genauso ticken wie ich, ganz nach dem Motto: her mit allem, her mit neuen Projekten. Der Job bringt eine 7-Tage-Woche mit sich, denn auch nach Feierabend ist man immer involviert. Das wichtigste ist aber das Team, dem ich zu 100 % vertraue und das mich gut schlafen lässt. Ich weiß, im Notfall ist immer jemand zur Stelle und hilft, obwohl ich immer noch das letzte Glied der Kette bin. Ich wohne sogar im 7. Bezirk. Das heißt Arbeit und Freizeit verschwimmen bei mir. Im Urlaub freue ich mich über die freie Zeit, um über neue Projekte im Hotel nachzudenken. Mein Job macht mir großen Spaß und deshalb belastet mich das Arbeitspensum nicht. Wenn es dann einmal etwas viel wird, sage ich immer laut zu mir selbst: „Eins nach dem anderen, eins nach dem anderen!“ Das war mitunter das wichtigste Learning in diesem Job, dass man nie alles machen kann. Wir probieren auch Sachen aus, die schiefgehen, aber dann sind wir ehrlich zu uns selbst und ändern den Kurs.
Was liebst du an deinem Job?
„Ich liebe die tägliche Vielfalt, führe sehr gerne ein Team und liebe den gemeinsamen Spaß, den wir immer wieder haben. Es sind die Herausforderungen, die mich immer wieder begeistern. Seit nunmehr 30 Jahren passieren dir immer wieder neue Sachen und du denkst: wirklich jetzt, ok?
Gastgeberin zu sein macht mir großen Spaß, im Hotel und im Restaurant. Es ist schön zu sehen, dass man jemanden einen schönen Aufenthalt oder Abend ermöglichen kann. Ich arbeite gerne mit jungen Leuten zusammen. Aktuell haben wir 4 Lehrlinge im Haus und es ist mir eine Freude sie zu begleiten und sie auszubilden. Bei uns ist es bunt und lustig. Die Menschen, die zu uns kommen, freuen sich darauf, etwas zu genießen und du gibst deinen Teil dazu. Jedes positive Feedback nährt mich.
Ich schätze diesen kleinen, privaten Betrieb, der soviel zulässt. Die Größe ist perfekt, wir alle haben einen familiären Kontakt untereinander.“
Welches Hotelerlebnis hat dich zuletzt berührt oder begeistert?
Das ist vielleicht nicht ganz, was hier gefragt ist – aber wir waren einmal (danach noch mehrmals) in einem Hotel, indem die Dame am Empfang bei unserer Ankunft recht ruppig war. Am nächsten Tag kam sie und erzählte, dass sie einen Todesfall in der Familie hatten und sie als kleines Hotel keine Wahl hatte, ob sie gestern erschien oder nicht. Da wurde mir wieder bewusst, dass wir alle nur Menschen sind.
Wo möchtest du deine Fähigkeiten noch ausbauen?
Ich würde mich sehr gerne sozial engagieren. Also, wenn ich jemals Teilzeit arbeite oder in Pension gehe, würde ich meine Zeit gerne in eine freiwillige Tätigkeit investieren, weil es mir sehr wichtig wäre.
Welche Fähigkeiten möchtest du noch erlernen?
Ich würde oder besser gesagt sollte mich mehr mit der digitalen Welt beschäftigen. Parvin ist hier ein großes Vorbild für mich. Sie ist Social Media technisch total affin. Ich weiß daneben nicht einmal, wie ich auf eins der vielen Dinge antworte.
Weiters beschäftige ich mich gerne mit dem Thema Nachhaltigkeit und neuen Technologien!
Und schlussendlich das Thema Wein! Dieses würde ich gerne vertiefen. Die Hauskarte kann ich gut präsentieren, aber die Theorie darüber hinaus würde ich gerne vertiefen.
Diese Frauen sollten hier unbedingt porträtiert werden?
- Maryam Yeganehfar – CEO and Founder von yamyam, der event production
- Michaela Reitterer – Boutique Hotel Stadthalle
- Christina Maria Nasr – Alma Gastrotheque
Mit welcher Person würdest du gerne einmal einen Abend verbringen?
Mit Harry Styles – der ist zwar keine Frau – aber der erste Mann auf dem Cover der Vogue in Frauenkleidern – Zitat „…wenn man in seinem eigenen Leben Barrieren errichtet, schränkt man sich nur selbst ein“ – so wunderbar!
Kontakt
Astrid Kahl-Schaban
Hotel Gilbert
BREITE GASSE 9, 1070 WIEN
+43 1 523 13 45