Judith Lergetporer
Inhaberin und Restaurantleiterin des Casual Fine Dining Restaurants Z’SOM, das sie gemeinsam mit ihrem chilenischen Mann, Küchenchef Diego Briones, im April 2022 eröffnet hat.
„Man muss halt ein bisschen stur bleiben und an sein Konzept glauben.“
Wir sind Weltenbummler und schöpfen aus einem Pool, das wir in 20 Jahren Auslandserfahrung aufgebaut haben. Neben den einzigartigen kulturellen und kulinarischen Eindrücken inspirierten uns natürlich auch die spannenden Entwicklungen im Gastronomiebereich. Wien holt da definitiv auf. Viele junge Menschen kehren mit internationalem Erfahrungsschatz zurück nach Österreich und probieren sich und ihre Konzepte aus. Da kommt sehr Spannendes auf uns zu.
„Man muss halt ein bisschen stur bleiben und an sein Konzept glauben. Am Anfang kommen immer wieder Leute, die mit einem 7-Gang-Menü nichts anfangen können oder für ihre Kinder gerne Pommes hätten. Wir nehmen Feedback sehr ernst und adaptieren was geht, bleiben dabei aber immer authentisch und entwickeln uns nur so weiter! Wer allen gefallen will, verliert am Ende doch sich selbst aus den Augen.“
Unsere Küche basiert auf internationaler Fusion. Mein Mann Diego hat auf der ganzen Welt gekocht, kombiniert die unterschiedlichsten Aromen und Texturen und schafft dabei etwas komplett Neues – wichtig ist dabei, dass es schmeckt und immer ein kleiner Überraschungseffekt mit dabei ist. Unsere Karte wechselt alle 2 bis 3 Monate, da wir unsere Hauptzutaten saisonal auswählen und mit lokalen Produzent:innen zusammen arbeiten. Gute Grundzutaten sind das A und O. Der Aufbau eines Netzwerkes von null war in einer fremden Stadt gar nicht so einfach. Die Gault Millau Bewertung hat uns dabei sehr geholfen, um als Neuling ernst genommen zu werden.
Judiths Werdegang beginnt in Kramsach in Tirol. Sie wusste schon immer, dass sie in die Welt hinaus muss und so studierte sie internationale Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck. Ihr Weg führte sie dabei nach Marokko und Spanien, wo sie prompt vier Jahre lang blieb. „Die Region, das Essen und die Menschen waren wundervoll, doch ich hatte große Lust, in einem internationalen Unternehmen zu arbeiten.“
Zurück in Wien begann sie bei L’Oréal, zog für das Unternehmen nach Deutschland und Shanghai und lernte dort ihren heutigen Mann Diego kennen. Gemeinsam führte sie ihr Weg nach Paris, wo sie zwei Jahre blieben und die gemeinsame Idee für das Z’SOM Restaurant reifte. Warum fiel die Standortwahl auf Wien? „Weil Wien ein Melting Pot für ganz viele Nationen ist, die Wiener:innen gerne und viel essen gehen und wir das Gefühl hatten, dass ein Ort wie das Z’SOM hier noch gefehlt hat. Darüber hinaus wollten wir näher bei einer unseren beiden Familien leben. Das hat uns Corona gezeigt.
Das Restaurant war dann schneller gefunden als geplant, aber dieses Ecklokal mit hohen Fenstern und offener Küche konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen. Unser Konzept: Haute Cuisine zugänglich für alle machen! Geschmack und Gemütlichkeit kommt für uns vor Ego und Etikette. Es geht um die Freude am Genuss, das ist es auch, was uns z.B. in Frankreich und Spanien immer so begeistert. „Aber in Wien brauchst du Mut, um abseits des Mainstreams etwas zu erschaffen und dabei zu bleiben“, erzählt Judith.
„Wir machen daher vor jedem Kartenwechseln einen Geschmacks-Double-check mit unserem gesamten Team. Uns ist die Vielfalt am Teller sehr wichtig, aber unsere Gerichte sind auch etwas unkonventionell – da ist es wichtig, das Feedback der eigenen Mitarbeitenden zu bekommen. Ich kombiniere dazu noch die passenden Weine, nachdem ich mich in Paris in das Thema Wein verliebt habe und mich laufend weiterbilde. Das Thema Wein ist so vielschichtig: Geografie, Geschichte, Menschen und die Natur sind nur ein paar Facetten, in die man sich hinein fuchsen kann. Zuletzt hat mich in Schweden ein ungarischer Wein total gefesselt. Ich war sofort obsessed. Die Winzer sprechen kein Deutsch oder Englisch, daher musste ich zuerst in meinem Bekannt:innenkreis jemanden finden, der Kontakt zu ihnen aufnimmt. Im Mai war es dann endlich so weit. Ich durfte sie in ihrer Heimat besuchen und die gereiften Weißweine vor Ort verkosten. Seither haben wir sie auf unserer Karte fix gelistet und derzeit sogar einen in der Weinbegleitung – jedes Einschenken wird so zu etwas ganz Persönlichem.“
Judith liebt an ihrem Beruf die tägliche Interaktion mit ihren Gästen, den offenen Austausch und das unmittelbare Feedback. Ein Lächeln oder „Jungs und Mädels, das habt ihr toll gemacht“, freut sie mehr als eine Google Bewertung. „Wir wollen unsere Gäste überraschen, sie Neues entdecken lassen und v.a. sicherstellen, dass sie sich bei uns einfach rundum wohlfühlen“
Ihre Kindheit schmeckt frisch, nach Butterbrot mit Radieschenscheiben. Judiths heutiges Comfort Food wären Nudeln, obwohl ihr das Gericht eher egal wäre. Wir kochen derzeit leider so selten für uns zu Hause, da ist die Ruhe schon Genuss genug.
Hinter ihrem Erfolg steckt eine große Portion Offenheit und Charme. Sie redet gerne und nimmt sich dabei selbst nicht so wichtig. Mit dieser Bescheidenheit hat sie es weltweit schon sehr weit gebracht.
Neue Skills würde sie sich gerne beim Thema Wein, alkoholfreier Begleitung und tatsächlich bei der Produktion von Reels noch beibringen. Hier steht ihr ihr Perfektionsanspruch gerne mal im Weg.
Mit welcher Frau aus der Kulinarik Branche arbeitest du gerne zusammen?
- Mit Adriana Gonzalez von Lichtenberger & Gonzalez. Sie ist gebürtige Spanierin, lernte ihren Mann in den USA kennen und arbeitet heute mit ihm als Winzerin in Breitenbrunn. Unsere Lebensgeschichten sind sich sehr ähnlich. Trotz ihrer internationalen Erfahrung arbeitet sie sehr down to earth und gibt dabei ihrem Wein einen ganz eigenen Charakter.
- Mit Maria Faber-Köchl, eine der ersten Winzerinnen Österreichs und eine echte Powerfrau, die so viel Positives und Lebensfreude versprüht. Maria übergibt gerade das Weingut an ihre Tochter Anna. Zu zweit sind sie zwei großartige Bio-Winzerinnen, die ihr Handwerk und die Natur lieben.
Mit welcher Frau würdest gerne an einem Tisch sitzen und plaudern?
Sehr schwere Frage, aber ich liebe Diversität und würde mir daher eine Gruppe an Frauen mit unterschiedlichen Backgrounds wünschen, die ein gewisser Pioniergeist, Humor, Kreativität, Redseligkeit, Verrücktheit und Meinungsstärke verbindet. Ich glaube, dann würde es bestimmt ein sehr lustiger, inspirierender und langer Abend.
Der Wunschmix ist etwas divers und unrealistisch, aber mit diesen Frauen würde ich theoretisch gerne einen Abend z’som-sitzen: Jancis Robinson, Debbie Harry, Vivienne Westwood, Frida Kahlo, Amy Schumer, Yayoi Kusama.