Nora Pein
Inhaberin, Geschäftsführerin und Gastgeberin im Restaurant Doubek, das sie gemeinsam mit ihrem Partner Stefan Doubek führt
„Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, Orte zu schaffen, an denen man sich wohlfühlt und sich etwas Gutes tut.“
Plötzlich war der Straßenlärm weg. Sie sei jetzt im Restaurant angekommen, erzählt Nora Pein am Telefon, um gleich darauf das Gespräch wieder aufzunehmen. Seit Oktober 2023 führt sie gemeinsam mit ihrem Partner Stefan Doubek das Restaurant Doubek in der Wiener Josefstadt. In den Medien war bereits nach wenigen Tagen von einem Fine-Dining-Restaurant auf „internationalem Niveau“ zu lesen und von Wiens „nächstem Sternerestaurant.“ Nora und Stefan haben mit dem Doubek zweifellos ein starkes Statement gesetzt und das in einer Zeit, in der Arbeitskräftemangel und steigende Preise die Branche auf Trab halten, und Food-Barometer wie Chefredakteure* angesehener Gastromagazine dem Fine-Dining-Sektor eine ungewisse Zukunft prophezeien.
„Natürlich ist es eine Ansage, so reinzustarten, aber was sollen wir machen? Eine schlechtere Qualität anbieten, nur um günstiger zu sein? Weniger Arbeitsplätze schaffen? Wir geben seit dem ersten Tag unser Bestes, arbeiten mit Produkten von höchster Qualität. Warum sollen wir unwirtschaftlich in ein Projekt starten, in das wir alles reingesteckt haben, was wir haben? Um gute Bewertungen zu bekommen? Wir wollen Gäste, die das Handwerk, den Mehrwert und die Zeit, die sie bei uns verbringen können, um runterzukommen, zu schätzen wissen.“ Dass sie mit ihrem Konzept nicht alle Gäste ansprechen werden, ist Nora bewusst, aber auch nicht das Ziel. „Ich glaube, dass es gerade in der heutigen Zeit wichtig ist, Orte zu schaffen, die den Menschen helfen, sich zu erden und ihnen Kraft geben. Wir gehen dazu in ein Restaurant, andere ins Theater. Bei beidem geht es um ein Erlebnis, das einem guttut.“
Noras Laufbahn in der Gastronomie begann früh. Mit 14 Jahren übersiedelte die gebürtige Steirerin nach Wien, um im Hotel InterContinental die Doppellehre zur Köchin und Restaurantfachfrau zu absolvieren. Sie ging auf Saison, dann ins Ausland und auf einem Kreuzfahrtschiff auf Weltreise und kam schließlich zurück in die Wiener Haubengastronomie. „Ich bin mit meiner Jobwahl bis heute glücklich, auch wenn ich sie früh getroffen habe. Das InterContinental war wie meine Familie in der neuen Stadt. Ich war sehr jung, als in alleine nach Wien gegangen bin, und wurde dort von einem Team aufgenommen, das durchwegs leidenschaftlich bei der Sache war.“
Mit der Zeit tendierte Noras Interesse mehr und mehr Richtung Servicebereich. „Ich koche gerne und leidenschaftlich, würde mich aber nicht als Top-Köchin bezeichnen. In der Küche geht es auch um Routine und Sicherheit, die habe ich bei vielen Dingen nicht. Der Kontakt mit den Gästen, der Austausch: Das ist das, worauf ich mich konzentriere.“ Schon als Kind habe sie bei Familienfeiern Freude daran gehabt, Gästen etwas zu trinken zu bringen; mit umgebundener Rüschenschürze, die ihre Mutter am Flohmarkt für sie erstanden hatte.
„Ich hatte eine sehr geduldige Mutter, die mich, sobald ich stehen konnte, in der Küche auf einem Schemel immer neben sich hatte. Mit acht Jahren habe ich ihr zum ersten Mal etwas gekocht. Ich bin am Land groß geworden, Essen und gute Produkte hatten für uns eine sehr hohe Wertigkeit, für viele waren die Erzeugnisse ja auch Lebensinhalt. Ich habe rasch entschieden, was ich beruflich machen möchte und bin damit seither jeden Tag glücklich und erfüllt. Das empfinde ich in gewisser Weise als Privileg.“
„Ich kenne keinen anderen Beruf, in dem man so viel Positivität bewirken kann und Wertschätzung bekommt, für das, was man tut.“
„Das ist bei jedem Mitarbeiter, jeder Mitarbeiterin so, aber auch bei jedem Gast, jedem Lieferanten. Meine Hauptaufgabe ist es, jeden, der hereinkommt, glücklich gehen zu lassen, ob Abwäscher oder Gast. Im Gegenzug bekommt man Wertschätzung und hat die Chance, Positives zu bewirken.“
In ihrer Position als Inhaberin, Geschäftsführerin und Gastgeberin ist Nora eine Allrounderin. Menüzusammenstellung, Weinauswahl, Gästebetreuung, Mitarbeiter- und Unternehmensführung: Es gibt nichts, was sie ausklammern möchte. „Jeder Teil gehört für mich dazu und jeden möchte ich so gut wie möglich machen. Es war nie mein Ziel, mich nur auf eine Sache zu konzentrieren und andere Bereiche und Aufgaben dadurch als weniger wichtig zu sehen. Wann immer es mir möglich war, habe ich mich in den unterschiedlichsten Bereichen weitergebildet. Es gibt nichts in meinem Beruf, das mich nicht interessiert. Nach wie vor gibt es für mich extrem viel zu lernen, das ist das Tolle an meiner Arbeit.“
Mit welchen Frauen aus der Kulinarikbranche arbeitest du gerne zusammen?
Jede Zusammenarbeit, jeder Kontakt ist für mich bereichernd. Am liebsten arbeite ich aber mit Frauen zusammen, die keine Angst haben, offen Frau zu sein. Die sich nicht hintanstellen. Die stark sind, ohne das ständig zeigen zu müssen. Erfahrungsgemäß sind die Frauen, die mit sich selbst im Reinen sind, auch die, die fokussiert und ruhig arbeiten.
Z
Zu welchen Themen würdest du als Speakerin / Podiumsteilnehmerin / Workshopleiterin gerne sprechen?In der Ausbildung junger Menschen fehlt das Persönliche, Ehrliche, Authentische. Keiner zeigt ihnen, was es heißt, zu sich selbst zu stehen. Dabei ist das für die Arbeit am Gast extrem wichtig. Was zeichnet einen Gastgeber aus? Es ist ein schmaler Grat zwischen „dem Gast geben“, ihn „zu bedienen“ und zu glauben, man ist der Superhero und weiß alles. Ich bin selbst Lehrlingsausbildnerin und habe genug junge Leute getroffen, die keine Ahnung hatten, wie man sich präsentiert und authentisch ist. Stattdessen lernen sie, dass in dieser Branche kein Platz ist für Spaß oder schlechte Laune. Jungen Menschen zu helfen, sich wohler zu fühlen und ihnen zu zeigen: Hey, du kannst so sein, wie du bist, wäre etwas, bei dem ich denke helfen zu können. Außerdem würden sicher auch mehr junge Menschen wieder Interesse haben in der Gastronomie zu bleiben, wenn Ihre Persönlichkeit wertgeschätzt wird.