Rosi Huber

Schnapsbrennerin und Edelbrandsommeliere, Weyregg am Attersee

„Das von Kaiserin Maria Theresia noch persönlich verliehene Brennrecht ermöglichte drei Generationen an Frauen ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben.“

Fotos © Karin Stöttinger

Ein Schnaps, der brennt, hat einen Brennfehler. So nennen wir das in der Fachsprache und ich brannte anfangs auch nicht immer fehlerfrei. Doch heute kommt schon mal der eine oder andere Kollege zu mir und bittet mich um eine Vorabmeinung, bevor er seine Schnäpse zur Prämierung einschickt. Das freut mich dann ganz besonders, weil das Schnapsbrennen noch immer eine Männerdomäne ist. Aber mittlerweile kennen sie mich auf Veranstaltungen und in der Branche. Ich war Vorstandsmitglied und Obmannstellvertreterin des OÖ Sommelièrvereins und bin stolz auf all meine Auszeichnungen. 

 

Die Not macht ja bekanntlich erfinderisch und so musste ich mich vor knapp 20 Jahren in das Thema Brennen einarbeiten. Als frisch Geschiedene mit Kindern war mir damals schon klar, dass ich mit der Vermietung von fünf Ferienwohnungen hier bei uns am Attersee nicht über die Runden kommen werde. Da fiel mir das alte, auf unser Grundstück bezogene, theresianische Brennrecht in die Hände und ich dachte, das ist jetzt meine Chance. Mein Glück war das zusätzlich vergebene Ankaufsrecht als Abfindungsbrennerin, das mir erlaubte, Obst zuzukaufen und 300 Liter Spirituosen zu verkaufen. Die Vergabe erfolgte damals noch von Kaiserin Maria Theresia persönlich. 

„Ein guter Schnaps liegt mitten auf der Zunge und brennt weder an der Zungenspitze, noch im Hals.“

Das Brennen hat in unserem Haus eine lange Tradition und liegt seit jeher in weiblicher Hand. 

Meine Tante hatte schon damals einen Brennkessel und lehrte mich das Handwerk. Angefangen hat alles mit einem Zwetschkenschnaps. Heute brenne ich um die dreißig Sorten und bin über die Grenzen hinaus bekannt für meinen guten Gin. Ich würde sagen, bei mir schmeckt man meine weibliche Note heraus. Als Brennmeisterin entscheide ich beim Brennen nach den vier Himmelsrichtungen und lege fest, ob der Gin Richtung Citrus, Beeren, Blumen oder Kräutern gehen soll. Viele mischen alles zusammen, aber ich bevorzuge eine klare Linie und entscheide mich immer nur für eine Zutat. Außerdem ist mein Gin milder, da ich selbst keinen zu starken Wacholdergeschmack mag. Mein erster Rose-Gin wurde vom Falstaff mit nur einem Punkt hinter dem Sieger aus England prämiert. Da sieht man wieder, was man gerne macht, macht man gut. Aktuell kreiere ich zwei Sommerwermuts, die geschmacklich richtig Spaß machen und einen schönen, sommerlichen Aperitif darstellen. Man muss ja schauen, was der Markt erwartet und mit der Zeit gehen. 

 

Meine Zunge, meine Nase und mein Geschmack haben sich die letzten zwanzig Jahre stark weiterentwickelt. Ich schmecke mein Essen intensiver und rieche vielmehr. Zwischenzeitlich war ich jedoch einmal verzweifelt, weil jeder meiner Schnäpse plötzlich auf der Zunge brannte und ich keine Qualitätseinschätzung mehr vornehmen konnte. Mein Arzt erklärte mir dann, dass ich einen B12 Mangel hätte und deshalb brannte mich der Schnaps auf der Zunge. Manche Menschen haben das gleiche Problem bei einer Ananas oder Kiwi. Ich gebe hier jetzt natürlich keinen ärztlichen Ratschlag weiter, da jeder Mensch als gesamtes betrachtet werden muss, aber das Thema mit dem eigenen Arzt zu besprechen, ist sicherlich bei gleichen Symptomen, interessant. Ich kann nur sagen, mein brennendes Gefühl verschwand.

Ich bin so unglaublich dankbar für diesen Weg, denn er hat mein Leben viel reicher gemacht und mir meine finanzielle Unabhängigkeit geschenkt.”

Bei der Entwicklung meiner Geschmacksnerven hat sicherlich auch meine Sommelièreausbildung beigetragen. Viele Kulinarik affine Menschen wissen zum Beispiel gar nicht, dass man erst nach einer Schnapsverkostung essen gehen sollte, da man davor sensorisch viel einfühlsamer ist, als danach. Ich reiche gerne drei Käsesorten zu meinen Verkostungen. Ein milder Käse mundet perfekt zu meinem Apfelbrand. Ein österreichischer Parmesan harmoniert sehr gut zum Grappa oder intensiveren Bränden. Und ein Schimmelkäse schmeckt überall dazu. 

Köch:innen wissen teilweise auch nicht, dass man bei der Speisezubereitung auch mit Schnaps spielen kann. 

Ich verleihe mit einem Schuss Williams Birne meiner Fischsuppe ein vollmundiges, rundes Aroma. Meinen Marillenbrand zerstäube ich über der Nachspeise. Das ist immer wieder ein überraschendes Geruchshighlight. Genauso sprühe ich gerne einen Hub in ein Proseccoglas, bevor ich den Prosecco einschenke und schon überrascht das Getränk mit einer ganz anderen Frische. 

Auch eine Getränkebegleitung bei einem mehrgängigen Menü kann mit einem Schnaps in der Abfolge neue Facetten einbringen. Und über die Promillezahl braucht man sich keine Gedanken zu machen, man trinkt ja keine ganze Flasche, sondern meist nur 2 cl. Erst gestern hatte ich Studierende der Boku Wien bei mir im Haus und die Damen fragen mich immer im Vorfeld, wie viele Sorten wir heute verkosten werden. Ich erkläre ihnen dann, dass wir einen Spannungsbogen von den Beeren über das Steinobst bis hin zum Gin in 12 verschiedenen Proben bauen. Entsetzt schauen mich dann alle an und meinen, sie schaffen das nicht. Aber bei mir schafft die Verkostung jede, auch wenn sie im Laufe des Abends alle etwas lustiger werden. 

Ideen für neue Sorten fallen mir einfach so ein. Meine Intuition ist meine beste Begleiterin und ich denke dann auch nicht viel darüber nach. Wichtig ist die höchste Qualität des Grundproduktes, denn die ergibt den Geschmack in der Maische. Außerdem sind die Sauberkeit und das genaue Aussortieren von schlechtem Obst das A und O beim Schnaps brennen. Nur gesundes, vollreifes Obst kommt in meinen Kessel, denn Sporen von Schimmel kann man noch nach vierzig Jahren im Schnaps riechen. Und diese Genauigkeit macht, glaube ich, auch meinen Qualitätsunterschied aus. 

Meine spannendsten Sorten waren bestimmt mein gebrannter Holzschnaps und mein Brotgeist. Als gelernte Tischlerin wollte ich mich an den unverwechselbaren Geruch einer Tischlerei erinnern und diesen im Glas einfangen. Das ist mir gelungen. Auch beim Brotgeist wollte ich mit dem Geschmack von frischem Brot spielen. Da ich aber als Obstbrennerin kein Brot vergären darf, half mir mein Schwager beim Brot backen und ich legte geröstete Brotwürfel in Ethanol ein. Dieser Schnaps brachte mir dann wirklich meinen ersten Sortensieg ein.

Ich spiele gerne mit meiner Umgebung. Meine erste Goldmedaille erhielt ich damals für meinen Dörrzwetschkenlikör, ein uraltes Weyregger Rezept. Seit einiger Zeit tüftle ich an einem Naturpark-Rezept, da ich mitten im Naturpark Attersee-Traunsee zu Hause bin und gerne mit einem Produkt daraus arbeiten möchte. Aktuell entstehen gerade aus Apfelmost und Apfelbrand zwei neue Wermutsorten. Ich bin gespannt, aber eigentlich weiß ich immer schon am Geruch, ob ein Schnaps schmeckt oder nicht.

Ich bin so unglaublich dankbar für diesen Weg, denn er hat mein Leben viel reicher gemacht und mir meine finanzielle Unabhängigkeit geschenkt. Die Begegnung mit so vielen netten Menschen bereichert mich bis heute und die Leute, die zu mir in den Laden kommen, sind nie gestresst, sondern nehmen sich Zeit für eine kleine Verkostung. Darüber hinaus treffe ich meine Kolleginnen und Kollegen auf Schnapsfesten quer durch Österreich. 

Meine Produkte erhält man bei mir im Laden oder bei ausgewählten Wirten in der Umgebung. Kund:innen schreiben mir aber auch gerne ein Mail und ich versende ihn dann. Da ich ohne Zusatzstoffe arbeite, gibt es meine Produkte nur saisonal und solange der Vorrat reicht.

* Dieses Porträt entstand in bezahlter Zusammenarbeit mit der Tourismusregion Attersee-Attergau. Ihnen liegt die Sichtbarkeit der in der Kulinarik agierenden, führenden Frauen genauso am Herzen wie mir. Gemeinsam wählten wir Rosi Huber, ihre Geschichte und ihre Produkte als inspirierendes Porträt für Female Chefs aus. Ohne diese Kooperation wäre ich nicht auf diese großartige Frau gestoßen. Vielen Dank dafür. 

Female Chefs lebt von der Unterstützung von Unternehmen, die meine Visionen teilen und einem freiwilligen Mitgliedsbeitrag aller porträtierten Female Chefs. 

Mit welcher Frau aus der Kulinarik Branche arbeitest du jetzt schon gerne zusammen?

Mit Angelina Eggl, der Tourismus Geschäftsführerin Attersee-Attergau. Sie hat uns Vermieter:innen hier am See erstmals 9 Workshops kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine Innenarchitektin erklärte uns zum Beispiel, wie wir mit kleinem Budget unsere Ferienzimmer aufhübschen können und ich habe alles, was sie in diesen fünf Minuten gesagt hat, sofort umgesetzt. Einfach toll. Auch der Social Media Workshop war sehr hilfreich und so arbeite ich mich jetzt auch noch in dieses Thema ein. 

Themen, über die ich gerne spreche:

  • Schnaps

Kontakt

Brennerin Rosi Huber

Seedorf 4

4852 Weyregg am Attersee

+43 7664 2220

+43 676 6636280

rosi.huber@brennerin.at

www.brennerin.at

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